Dienstag, 25. Oktober 2011





In der Grundschule wollte ich Lehrerin werden. In der 9. Klasse wollte ich immer noch Lehrerin werden. Dann wollte ich was mit Medizin machen. Mein Praktikum machte ich beim Rechtsanwalt. Dann wollte ich Medizin studieren. Dann habe ich Werbung studiert. Dann wollte ich Medizin studieren. Dann wurde ich Rettungssanitäter. Danach Rettungsassistentin. Und jetzt bin ich Lehrerin. Und mache irgendwas mit Medizin. 



Sonntag, 9. Oktober 2011

Oh nein.




Ich möchte nur zur Arbeit. Sitze in der gelben Schlange, die sich ihren Weg durch den Berliner Untergrund sucht. Es sind nur wenige Stationen. Die Türen öffnen, ich blicke nach draußen. Oh nein, das ist mein erster Gedanken. Weil ich ahne. Weil man irgendwann ahnen kann, wenn man mit Verrückten zusammenarbeitet. Ich sehe eine junge Frau. Oh nein. Nachdem sie sich in die UBahn manövriert hat, setzt sie sich. Alle gucken, alle gucken weg. Bleib stark, Marzipan, stark bleiben. Die Frau piept. Kann ja nicht wahr sein. Nun bin ich seit Wochen nicht mehr in der Rettung und nun kommt mein täglicher Psych direkt zu mir in die Bahn. Marzipan, du guckst da nicht hin, nein, geh nicht, nein! Du brauchst nicht helfen. Du bist hier nur auf dem Weg zur Arbeit. Verdammt. Die nächste Haltestelle muss ich aussteigen. Noch hat sich keiner der Fahrgäste gezuckt. Meine Beine tragen mich wie durch Zauberhand zu der jungen Dame. „Wie geht es dir?“, frage ich. „Scheiße!“ „Naja, kommst du klar? Ich meine, du darfst sicherlich nicht hier sein, gerade...“. Dann brüllt sie mich an, versucht nach mir zu schlagen. Alles klar. Die Türen öffnen sich, ich steige aus.  Sie nicht. Gut so! Ich zücke mein Handy. Marzipan, du Verräterin. Ich habe noch nie die 110 gerufen, mein erstes Mal. Während ich die Rolltreppe hochfahre, geht der nette Mann ran, ich spreche. „Ich habe hier eine junge Frau zu melden, in der U-sowieso, sie ist aus dem Krankenhaus abgehauen und müsste in 5 Minuten an der Endhaltestelle sein. Wie alt? Ca. 18 Jahre. Und glauben Sie mir, Sie ist gut zu erkennen. Sie ist barfuß, trägt ein OP-Hemdchen und führt einen Infusionsständer samt Infusion und piependem Tröpfchenzähler mit sich. Und renitent ist sie auch. Gern geschehen.“ Ja, es ist nicht mein Bier. Aber warum versucht man in seiner Freizeit, kein Retter zu sein? Weil es cool ist, genervt zu wirken. Weil man sagen kann, was geht mich das an, sollen sich andere drum kümmern. Ich bin ein schlechter Retter.