Donnerstag, 1. April 2010

Danke für die Fünf in Mathe!


Ich schreibe gerne Bewerbungen. Wirklich. Eigentlich. 

Als Übung im Selbstmarketing schreibe ich gerne Bewerbungen. Wäre da nicht mein Zeugnis. Herzlichen Glückwunsch Frau Schmitt, Sie haben einen Durchschnitt von 1,9 im Abitur, dazu diverse Fachpreise. Ich nehme das Stück Papier in die Hand. Kein Glanz, ganz leblos liegt es in meiner Hand. Mein Blick fällt direkt auf die Stelle, die nach Retusche mit Scanner und Photoshop schreit. Ich sehe auf eine dicke, fette, schwarze Fünf. Auf eine Fünf in Mathe. Am liebsten hätte ich Herrn Meier sein überdimensionales Geodreieck mit Anlauf rektal eingeführt. Danke für die Fünf, du Arsch! Ich mochte Mathe immer. Nur mochte mich Mathe nicht. Meister Meier erkannte mein Potential ebenfalls nicht. Eine sehr einseitige Geschichte. Ich war wohl ein Rohdiamant, dem nie zugedacht war, geschliffen zu werden. Ein hartes Schicksal. 
Genau genommen begann ich von da an, mehr Wert auf Äußerlichkeiten zu legen. Mehr Schein, als Sein. Im Anschreiben jongliere ich mit Worten und das Passfoto soll sowohl männliche als auch weibliche Führungskräfte von mir überzeugen. „Von außen hui, von innen pfui.“ Das pflegte schon meine Großmutter zu sagen. Ich streiche mit der Hand über die malteserrote Bewerbungsmappe. „Siehst gut aus. So kann das was werden.“ 
Heute ist mein erster Tag am neuen Arbeitsplatz. Meine Bewerbung hatte mir erst das Vorstellungsgespräch, dann den Job verschafft. Mein Chef gerade: „Könnten Sie das mal eben für mich ausrechnen?“ Ich blicke auf die Zahlen und allein vom Hinsehen beginnen sie sich zu drehen und zu hüpfen. „Könnte ich vielleicht einen Taschenrechner haben?“ frage ich verlegen. Mit ausgestreckter Hand streckt er mir die Rechenhilfe entgegen und lacht. „Ach, Sie waren das ja mit der Fünf in Mathe.“ Ich blicke ihn entsetzt an. „So genau haben Sie hingesehen?“ Er dreht sich um und nuschelt „was glauben Sie, warum wir Sie eingestellt haben?“ Moment, halt, stopp. Haaaaalt! „Das ist ein Witz jetzt, oder?“ Er kehrt um und mit jedem seiner Schritte in meine Richtung reiße ich mehr und mehr meine Augen auf. „Frau Schmitt, seien sie froh über den kleinen Schönheitsfehler, wir wollten sehen, wer dahintersteckt. Und nun sitzen Sie hier.“ 
Danke Meier. In Gedanken ziehe ich dir ganz langsam das Geodreieck aus dem Hintern.

1 Kommentar:

  1. liebe m. ich würde gerne wieder mehr von dir peer-to-peer hören anstatt immer alles in diesem massenmedium nachlesen zu müssen :( aber nette geschichte. i like. und: ich seh das genauso wie dein chef :)

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