Frau Vogel scheint mich nicht zu sehen. Ihre Augen sind weit aufgerissen, die Wimperntusche zeichnet einen schwarzen Schatten auf ihre Wangen. „Frau Vogel, benötigen Sie Schmerzmittel?“ Ich erwarte keine Antwort, wie schon in den letzten Tagen. Warten statt Erwarten. Sie sitzt aufrecht, während andere liegen, wacht, wenn andere schlafen. Schweigt, während andere um Hilfe schreien.
Bei der Übergabe übergeht die Nachtschicht Frau Vogel. Kein Wort zur wortlosen Frau. Mir ist schlecht. Ich hätte etwas frühstücken sollen.
Frau Vogel's blondes Haar ist gekämmt, die dunkle Tusche unter den Augen ist verschwunden. Innere Ruhe, innerer Frieden. Sie atmet leise, fast heimlich. Das Flügelhemd liegt auf dem Boden, sie trägt schwarz mit Kragen. Ich sehe sie an, flehe sie an. Laute Gedanken und stumme Worte. Keine Antworten auf fehlenden Fragen. Sie erhebt sich, gleitet zum Fenster, sieht hinaus, sieht hinauf. Immer wieder. Der Blick nach oben.
Geht sie?
„50 Euro, dass Frau Vogel heute springt.“
Ich gehe.
Geht sie?
„50 Euro, dass Frau Vogel heute springt.“
Ich gehe.
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